Wird aktualisiert

„Ich bewege mich mit dem Geist. Das ist nicht kalkuliert.“

Es ist nicht immer leicht, vorauszusagen, was Burna Boy als Nächstes macht. „Ich bewege mich mit dem Geist, wann immer er mich ergreift“, erzählt er Apple Music und führt aus: „Das ist nicht kalkuliert, doch wenn sich etwas im richtigen Fluss befindet, spüre ich das ganz genau.“ Mit dem 2019 erschienenen „African Giant“ verlangte Burna Boy nach einer furchtlosen Revolution auf dem gesamten Kontinent und in der weltweiten Diaspora. Das Album brachte dem nigerianischen Künstler zudem seine erste GRAMMY-Nominierung ein und festigte abermals seine Ambitionen, die Jugend Afrikas dazu zu ermutigen, ihre eigenen Machtansprüche nach eigens festgelegten Kriterien geltend zu machen. „Twice As Tall“ – sein nunmehr fünftes Studioalbum – bringt Burna nur 13 Monate später dazu, die Welt um ihn herum wieder von einem neuen Standpunkt aus zu betrachten. Sean „Diddy“ Combs ist dabei als Produzent mit am Start, und dem Album wohnt ein grundsätzlicher Idealismus inne, der alle afrikanischen Menschen, unabhängig von Ethnie oder Nationalität, miteinander vereint. „Wir hatten schon 80 Prozent des Albums fertig, als sich Puff [Combs] dem Projekt angeschlossen hat“, verrät Burna Boy und fügt an: „Als er aber erst mal mit an Bord war, arbeitete er rund um die Uhr und versuchte ununterbrochen, hier und da immer noch etwas mehr für mich rauszuholen, um das Projekt zu etwas ganz Besonderem zu machen.“ Combs’ Mitwirken – sowie das eines gesamten Producer-Teams aus Großbritannien (Jae5 und P2J), den Vereinigten Staaten (Timbaland, Mike Dean) und Nigeria (LeriQ, Telz und Rexxie) – pushten und forderten Burna Boys maßgeschneiderten Afrofusion-Sound und entwickelten ihn so schlussendlich weiter. Nie war die Verschmelzung aus Dancehall, Pop, R&B und Afrobeat so herzergreifend und selbstbewusst – wobei insbesondere Burna selbst selten so leidenschaftlich klang.

Der Opener „Level Up“ heißt Youssou N’Dour willkommen und räumt mit westlichen Einschätzungen von „Black Art“ auf. Mit Yoruba-Dialekt und glitzernden Percussions erweist sich „Wonderful“ als ein leidenschaftliches Mantra, das westafrikanische Ausdrucksformen zelebriert, während „No Fit Vex“ eine Solidaritätsbekundung im Gewand einer mehrsprachigen Hymne ist. Auch die Gaststars des Albums wurden gewissenhaft ausgewählt: Auf „Real Life“ hört sich Stormzy beflügelt und fresh an, während auf „Monsters You Made“ Chris Martins allseits bewegende Präsenz zum Vorschein kommt – und mit einer auflodernden Schelte gegen die Überreste des Kolonialismus aufbegehrt. „Twice As Tall“ kommt mit seiner kompromisslosen Botschaft bestens zurecht und wird dabei durch einen Künstler vertreten, der diesbezüglich nicht motivierter sein könnte. Gerade auf „Alarm Clock“ beschwört Combs Burna diesbezüglich noch einmal: „Don’t be afraid to step into your greatness.“ Hier kannst du lesen, was Burna Boy über jeden einzelnen Track auf seinem neuen Album sagt.

Level Up (Twice As Tall) [feat. Youssou N’Dour]
„Es bedeutet mir ungemein viel, Youssou N’Dour mit auf diesem Album zu haben. Für die, die ihn nicht kennen: Er ist eine afrikanische Legende. Wirklich eine wahre Legende. Deshalb ist es auch wichtig zu verstehen, wie er seine Leute vertritt. Da das senegalesische Volk sehr speziell und spirituell ist, wohnt ihrer Kultur wie auch ihm selbst und allem, was Youssou für Senegal darstellt, eine Schönheit inne, die ich eines Tages auch mal haben möchte.“

Alarm Clock
„Ich sagte ja bereits: Ehe wir zu etwas anderem wurden, waren wir alle afrikanisch.‘ Das soll auch hier die Botschaft sein, damit jeder aufwacht und sich darüber im Klaren wird, was es bedeutet, dieses Wissen zu besitzen.“

Way Too Big
„Ich bin stolz darauf, dass auf diesem Album Top-Produzenten aus Großbritannien und Nigeria neben Co-Produzenten wie Mike Dean arbeiten konnten, um dem Ganzen das gewisse Etwas zu verleihen. Hier wird das Beste aus beiden Welten vereint, weil zwischen ihnen eine Brücke entstanden ist. Auch das gehört zum Prozess dazu.“

Bebo
„Das Wort ‚Bebo‘ ist umgangssprachlich und meint im Grunde diesen einen Typen, den du auf einen Drink einlädst, der dann aber direkt die ganze Bar leer säuft. So sehr er sich nach jeder Flasche streckt, so schnell macht er sich auch aus dem Staub, wenn es darum geht, die Rechnung zu zahlen. Dieses Wort umschreibt solch seltsame Typen.“

Wonderful
„‚Wonderful‘ war die erste Single, weshalb sie auch von Anfang an den Ton für das Album angab. Ich hatte den Song geschrieben, nachdem ich von meiner letzten Welttournee zurückgekommen war, weshalb es auch darum geht, zu Hause zu sein. Bei mir ist es so, dass ich zu jeder Zeit und an jedem Ort aufnehmen kann, zumal ich es liebe, zu reisen und andere Kulturen kennen zu lernen. Doch Afrika ist und bleibt mein Zuhause – und nach Hause kehre ich immer wieder zurück.“

Onyeka (Baby)
„Das ist ein Liebeslied, aber der Titel spielt auf [die nigerianische Sängerin und Aktivistin] Onyeka Onwenu an. Früher war sie einmal richtig groß – und sicherlich war sie auch toll! Na ja, zumindest behauptet das jeder. Ich sehe mich jedenfalls nicht in der Lage zu sagen, wer nun die wahre ‚Onyeka‘ ist. Für mich gibt es eine Vielzahl an Frauen, die diese Rolle ebenso gut einnehmen könnten!“

Naughty by Nature (feat. Naughty by Nature)
„Ich glaube, dass der erste Song, an den ich mich überhaupt erinnern kann, von Naughty by Nature stammt. Als ich groß wurde, gehörten sie definitiv zu meinen Lieblingsgruppen und man konnte mir buchstäblich beim Großwerden zusehen, als ich ihnen zuhörte. Deshalb ist es völlig absurd oder erscheint unmöglich, sie nun nach all den Jahren auf meinem Album zu haben. Doch ich schwöre dir: Nichts ist unmöglich. Selbst jetzt, wo Corona unseren Alltag bestimmt, gibt es immer einen Weg. Wenn du etwas wirklich in die Tat umsetzen willst, wird es dafür immer auch einen Weg geben. Vertrau mir, nichts ist unmöglich.“

Comma
„Ich bin mir sicher, du verstehst schon, was mit ‚Komma‘ gemeint ist – auch das ist Straßenslang. Wir sagen ‚Komma‘, wenn wir etwas erzählen, nach der Geschichte aber noch was kommt, wie bei einem Komma eben. Oft kommt das zum Beispiel beim schlechten Gewissen oder allem anderen vor, bei dem es irgendeinen Haken gibt – und genau das ist das Komma! Ich könnte zum Beispiel sagen: ‚Ich hab einen Plan und wir werden Kohle scheffeln … aber es gibt ein Komma.‘ Das ist dann der Haken, mit dem ich in diesem Fall eigentlich sagen will: ‚Wir könnten dafür aber auch in den Knast gehen!‘ Du könntest auch sagen, ein ‚Komma-Babe‘ ist ein Mädchen, das zwar schön ist, sich jedoch die Haut aufhellt. Oder ihr Hintern ist offensichtlich fake, weil sie Beine hat, die so dünn sind wie Zahnstocher. Das ist der Haken, das ist das Komma!“

No Fit Vex
„‚No Fit Vex‘ ist eine Redensart, frei nach dem Motto: ‚Schwamm drüber!‘ Für mich ist der Track unter anderem deshalb sehr persönlich, weil diese Redensart zu jeder Situation passen würde, die ich im Lauf meiner vergangenen Reise hätte erleben können. Auch wenn man sich längst nicht mehr so krass fertig macht, kommt es immer noch vor – so ist eben das Leben. Das ist einfach unser Business. Es kann immer noch sein: ‚Du gehst deinen Weg und ich meinen.‘ Das ist die Energie, die ich hier reinbringen wollte.“

23
„Das geht raus an Michael Jordan und die Nummer, die er trug. Ich glaube, ich kam auf den Song, als ich ‚The Last Dance‘ gesehen habe. Ich war gerade bei der Szene, als Jordan erzählt, wie er an sich arbeitet und was es einem eigentlich abverlangt, diese wahre und absolute Größe zu erreichen. Das hat mich sehr an mich selbst erinnert. Auch was die Einsamkeit eines solchen Weges betrifft, weil du am Anfang vielleicht noch mit ein paar Leuten zusammen bist, die unter Umständen sogar besser sind als du! Und genau so läuft es eben. Am Ende hast du einfach extrem viele Opfer gebracht, von denen die Menschen keinen Schimmer haben.“

Time Flies (feat. Sauti Sol)
„Richtig cooler Vibe! Ich bin runter nach Kenia, um die Jungs von Sauti Sol zu treffen – eine wirklich sehr talentierte Truppe, die ich sehr mag und mit denen ich auch schon in der Vergangenheit zusammengearbeitet habe. Wir sind zum Haus von Savara [einem Gruppenmitglied] gegangen, haben gegessen und einfach ein bisschen gechillt. Ich mag, wie organisch der Track zustande kam, weil wir ihn noch am selben Abend gemacht haben. Ich habe die Zeit in Kenia richtig genossen. Das tue ich eigentlich immer, wenn ich dort bin. Es herrscht dabei immer diese Atmosphäre, die Ostafrika so einzigartig macht. Kenia ist eine wunderschöne Gegend, die definitiv zu meinen Lieblingszielen gehört, wenn ich durch Afrika reise.

Monsters You Made (feat. Chris Martin)
„Diesen Song habe ich während des Lockdowns geschrieben, als eine Menge vor sich ging – so wie jetzt eigentlich auch. Vielleicht habe ich mir auch einfach irgendeinen aufwühlenden Scheiß angeguckt, woraufhin meine Stimmung kippte. Die Leute müssen begreifen, was in Rivers abgeht, dem Bundesstaat in Nigeria, aus dem ich stamme. Dort fühlt es sich so an, als würde sich jemand unter dein Haus graben und sich all das nehmen, was immer er will oder was ihm irgendwie wertvoll erscheint. Dein Haus ist dann aber zerstört, nicht mehr sicher und außerdem auch nicht mehr das Zuhause, das du einmal gekannt hast. Die ökologische Situation ist seit Jahren problematisch, keiner leistet Hilfe – und alles, wovon die Menschen am Ende hören, sind Entführungen und Rohrbombenangriffe. Sie sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es von jeder Geschichte niemals nur eine Version gibt und dass sie stets tiefer liegende Wurzeln hat.“

Wettin Dey Sup
„So fragt man umgangssprachlich: ‚Wie geht’s?‘ Den Track habe ich in Lagos aufgenommen, wir haben ihn dann aber noch Timbaland zugeschickt, damit er ihn fertig produzieren konnte. Wenn ich sage ‚They only respect the money and the violence‘, dann bloß deshalb, weil das die Wahrheit ist. Sieh dich doch mal um und sag mir Bescheid, falls das nicht der Fall sein sollte – denn so läuft es doch schon seit Jahrhunderten. Alles wird aufrecht erhalten durch geisteskranke Imperien. In dieser Welt geht es um nichts anderes als um Geld und Gewalt, vergiss das bloß nicht – denn auf der anderen Seite werden dann andere Themen inszeniert, die vom Eigentlichen ablenken sollen. Doch dahinter verbirgt sich nicht, was diese Welt wirklich am Laufen hält.“

Real Life (feat. Stormzy)
„Ich wollte unbedingt diese Lücke schließen und hab Stormzy dafür rangeholt, der nur sich selbst und das, wofür er steht, repräsentiert. Ich bin super glücklich mit dem Ergebnis – denn um ehrlich zu sein hat die Fertigstellung bei diesem Track am längsten von allen gedauert.“

Bank On It
„Es hat sich richtig angefühlt, hiermit das Album abzuschließen. Ich habe im vergangenen Jahr immer wieder mal an Pop Smoke gedacht, was für mich persönlich verrückt ist, weil ich mal ganz in der Nähe aufgehalten habe. Der Song erinnert mich daran, dass sich das Leben auf einen Schlag verändern kann. Man muss immer die Augen offen halten und auf der Hut sein, um in dieser Welt in Sicherheit zu sein.“

© Apple Music