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Die ungleichen Urbano-Superstars überraschen mit einem gemeinsamen Album

J Balvin und Bad Bunny sind zwei der größten und meistbeschäftigten Künstler der Gegenwart. Das allein sollte schon eine Zusammenarbeit – besonders über die Länge eines ganzen Albums – wie ein schwieriges Projekt erscheinen lassen. Und hinzu kommt, dass sich auch ihre Lebensgewohnheiten fundamental voneinander unterscheiden: Gegenüber Zane Lowe von Apple Music erklärt Balvin: „Ich wache morgens um fünf Uhr auf. Und er geht morgens um fünf ins Bett. Während ich also bereit bin für mein Fitnessprogramm, ist er bereit, sich schlafen zu legen.“ Sie repräsentieren auch die Gegensätze der Urban Latin Music: Balvin, der erfahrene Reggaeton-Sänger, hat die letzten zehn Jahre damit verbracht, die Traditionen seines Genres zu artikulieren und zu erweitern. Im Gegensatz dazu wurde Bunny, der überdrehte Punk-Durchstarter, einer der außergewöhnlicheren Vertreter der Trap-en-Español-Szene. 2018 deutete Ebro Darden in seiner Beats 1-Show erstmals eine Zusammenarbeit an und den vielversprechenden Grundstein für das Album legte dann die gemeinsame Mitarbeit der beiden an Cardi Bs Megahit „I Like It“, gepaart mit einer gesunden Dosis gegenseitiger Bewunderung.

„Wir konnten einfach nicht anders.“ So beschreibt Bad Bunny das Gefühl der Dringlichkeit im Anschluss an den zweisprachigen Smash-Hit, der es bis an die Spitze der Charts schaffte. „Auf dem Latin-Markt war das eine Neuheit: Zwei Superstars mit zwei unterschiedlichen Stilen arbeiten an einem gemeinsamen Projekt.“ Dass sich beide parallel in der Urbano-Szene bewegten, brachte sie ursprünglich zusammen, und während manche Stücke noch vor ihrem Durchbruch entstanden sind, war das meiste Material schon aufgenommen, bevor beide im April 2019 auf dem Coachella-Festival spielten. Da Balvin und Bunny jeweils aus einem der aktuell größten Hotspots für spanischsprachige Musik stammen – und da beide ihre Heimat mit Stolz in ihren Songs repräsentieren – rückt die Zusammenarbeit der beiden auf „OASIS“ in den Fokus der florierenden Urban-Latin-Sound und beleuchtet sie neu.

Die Chemie zwischen den beiden stimmte schon auf „I Like It“ und der separaten Single „Si Tu Novio Te Deja Sola“ aus dem Jahr 2017, doch im Laufe dieser acht neuen Tracks stellte sie sich als noch wesentlich schlagkräftiger heraus: In „QUÉ PRETENDES“ schleicht Balvin geschmeidig um den straffen Reggaeton-Groove herum, während die gesungenen Zeilen von Bunny sich an dessen Struktur reiben. Dagegen verbinden sich im von Nostalgie angehauchten „MOJAITA“ die unterschiedlichen, verspielten Techniken der beiden zu einer angenehmen Mischung, die ihren jeweiligen persönlichen Reiz und den Grund ihrer Popularität hervorhebt. Gefühlvoller geht es dann, auch dank eines atmosphärischen Beats, beim Austausch der pointierten Verse von „ODIO“ zu. Und dass die beiden auch mal über den Tellerrand schauen, beweisen sie mit „YO LE LLEGO“, der mit Trap mit pikanter Salsa-Tinktur aufwartet, während das psychedelisch anmutende „LA CANCIÓN” jazzige Klänge mit einem gedämpften Dembow vermischen.

Für den Werdegang beider Künstler war es notwendig, sich über Genre-Konventionen hinwegzusetzen, und diese Herangehensweise zeigt sich auf „OASIS“ auch in der Auswahl ihrer Feature-Gäste. So verleihen die argentinischen Veteranen von Los Enanitos Verdes „UN PESO“ ihr legendäres Rock-Flair, während sich in „COMO UN BEBÉ“, einer Kollaboration mit Mr Eazi, Urbano und Afrobeats miteinander verbinden. Fragt man Bad Bunny, geht es aber um wesentlich mehr als nur das bloße Mischen musikalischer Stilrichtungen. „Dahinter steckt eine Bedeutung, die tiefer greift“, sagt Bunny. „Das bin nicht einfach ich mit irgendjemand anderem aus Puerto Rico. Es geht hier um etwas Größeres“, fügt Balvin hinzu. „Wir wollten einen Beitrag zu unserer Kultur leisten. Wenn ich gewinne, gewinnen sie. Wenn wir beide gewinnen, gewinnen wir alle.“

© Apple Music
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Nr. 40 in Top Alben > Latin
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